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Roman
Lars Saabye Christensen

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Produktbeschreibung

AUTOR: Lars Saabye Christensen

Lars Saabye Christensen, 1953 in Oslo geboren, ist einer der bedeutendsten norwegischen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher sind in 36 Sprachen übersetzt und wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Nordischen Literaturpreis, mehrmals mit dem Norwegischen Kritikerpreis, dem Preis des Norwegischen Buchhandels sowie dem Preis des Norwegischen Verlegerverbandes.


Oslo, Frühling 1965: Die Beatlemania grassiert wie überall in Europa. Gerade ist "I feel fine" erschienen. Die Pilzköpfe aus Liverpool beherrschen das Bild, beeinflussen die Jugend und verstören die Alten. Für Gunnar, Seb, Ola und Kim ändert sich alles. Hausaufgaben und Fußballtraining treten in den Hintergrund. Sie wachsen heran im Zeichen der Beatles. Sie nennen sich Paul und John, Ringo und George. Die neuen Scheiben bestimmen ihr Leben. Die vier überstehen den Erziehungsamoklauf ihrer besorgten Eltern und treiben Herrenfriseure in den Ruin. Sie erfahren den bittersüßen Geschmack der ersten Liebe und nehmen teil am weltweiten Aufbruch der Jugend. Und als die Zeit überschattet wird vom blutigen Ausgang der Pariser Maiunruhen und dem Massaker von My Lai, geht auch das nicht spurlos an ihnen vorüber ...
Ich sitze im Sommerhaus, es ist Herbst. Meine rechte Hand irritiert mich, mit den Narben kreuz und quer, besonders der Zeigefinger. Er ist krumm und schief wie eine Klaue. Ich mu?ihn immer wieder ansehen. Er klammert sich an den Kugelschreiber, der rote Buchstaben malt. Es ist ein ungew?hnlich h?icher Finger. Eine Schande, da?ich kein Linksh?er bin, ich habe mir das mal gew?nscht, Linksh?er zu sein und Ba?itarre spielen zu k?nnen. Aber ich kann mit der linken Hand spiegelverkehrt schreiben, genau wie Leonardo da Vinci. Trotzdem schreibe ich mit rechts und ?be Nachsicht mit der verunstalteten Hand und dem absto?nden Zeigefinger. Hier drinnen riecht es nach ?feln, ein intensiver Apfelduft steigt von dem alten Tisch auf, an dem ich mitten im dunklen Raum sitze. Es ist der erste Tag, an dem es Abend wird, und ich habe nur von einem Fenster die Fensterl?n abgenommen. Der Fensterrahmen ist voll von toten Insekten, Fliegen, M?cken, Wespen, mit trockenen, d?rren Beinen. Der Geruch nach Fr?chten macht mich ganz benommen, mein leerer Kopf l?st etwas in mir aus; im Licht des Mondes, der jetzt durch das einzige offene Fenster scheint, tanzen Schatten an den W?en und verwandeln das Zimmer in ein altmodisches Diorama. Und genau wie Olas Vater, der Friseur in Solli, der den Film immer, wenn Geburtstag war, verkehrt in den Vorf?hrapparat legte, so da?wir drei Chaplin-Filme r?ckw?s sahen, so drehe ich jetzt allem den R?cken zu und begebe mich zur?ck. Und ohne da?ich mir dessen bewu? bin, stoppt die Filmrolle hinter meinen Augen bei einem bestimmten Bild, ich halte es f?r ein paar Sekunden fest, friere es ein, dann setze ich es wieder in Bewegung, denn ich bin allm?tig. Ich verleihe ihm Stimmen, Ger?che, Ger?che und Licht. Deutlich kann ich h?ren, wie der Kies unter den Schuhen knirscht, wenn wir ?ber den Vestkanttorg schleichen, ich kann das berauschende Schwindelgef?hl nach einem Lungenzug sp?ren, und immer noch kann ich Ringos Ellenbogen f?hlen, der mich weich in der Seite trifft, und wir vier stehen in Reih und Glied, und John zeigt auf einen schwarzen, blankpolierten Mercedes, der vorm Naranja parkt.
Es war George, der als erster etwas sagte. Und zwar:
"Das ist deiner, Paul."
Alle wu?en, da?ich Spezialist war, wenn es um einen Mercedes ging. Ich brauchte nicht einmal Werkzeug. Man mu?e nur den runden Stern dreimal nach links drehen, ihn schnell loslassen und herausziehen, dann war die Befestigung garantiert abgerissen. Wir rannten die Treppe hinauf, und es kribbelte warm unterm Pullover. Wir nahmen die Lage in Augenschein.
"Zu viele Leute", fl?sterte John.
Die anderen waren seiner Meinung. Zwei M?er standen an der Ecke unter den Apfelb?en, eine alte Dame ?berquerte dicht daneben die Stra?.
"Hat keinen Sinn, es zu v-v-versuchen", murmelte Ringo.
"Wir haben schon einen Opel und zwei Ford", sagte George.
"Aber das is' doch 'n 220 S!" sagte ich.
"Wir hol'n ihn an einem andern Abend", sagte John.
Es war aber nicht sicher, ob er dort morgen auch noch stehen w?rde. Und ich sp?rte diesen Sog in mir, den ich seitdem so oft gef?hlt habe, und ich h?rte nicht mehr auf die anderen. Ich ging ruhig ?ber die Stra?, allein, beugte mich ?ber die Motorhaube, mein Herz schlug immer noch mit schwachem, gleichm?tigem Schlag, ein P?hen kam den H?gel von Berk herab, die beiden M?er unter den Apfelbl?ten schielten zu mir her?ber, die Papageien im Fenster schrien stumm. Da drehte ich das Mercedesgeweih dreimal herum, lie?es schnell los, zog noch mal und schob es vorsichtig unter den Pullover. John, George und Ringo waren bereits weit entfernt, sie sollten irgendwie ganz nat?rlich gehen, aber von hinten ?elten sie drei Laternenpf?en mit roten Lampen. John drehte sich um und winkte mir wild, ich grinste und winkte zur?ck, dann rannten sie los Richtung Urra. Ich stand immer noch am Tatort, sah mich um, aber niemand hatte irgendwie reagiert. Ich begann, hinter den anderen herzugehen, langsam, wie um das Ganze zu verl?ern, um deutlich zu sp?ren, wie es war, ich gab dem Autobesitzer eine Chance, mich zu erwischen. Diese herrliche nerv?se W?e breitete sich in meinem
K?rper aus. Und niemand folgte mir. Ich zog den Stern hervor, schwenkte ihn triumphierend in der Luft und lief den anderen nach.
Sie warteten am Kiosk "Der Mann auf der Treppe", jeder mit seiner Saftt?te. "Du bist v-v-verr?ckt", sagte Ringo.
"Verdammt, wenn wir eines Tages erwischt werden", murmelte John. Er sah zu mir hoch, l?elte nicht, wirkte leicht resigniert, fast ungl?cklich, wie er dasa? mit der gefrorenen Saftt?te und einer zitternden Zigarette.
Es war fast neun Uhr. Wir stellten fest, da?es drau?n dunkel geworden war. "Der Mann auf der Treppe" l?schte im Gesch? das Licht, und wir huschten den Bondeberg hinunter. Ich gab George den Mercedesstern, denn er versteckte sie unter Zeitschriften in einem Kasten unterm Bett.
"Jetzt haben wir sechs davon", sagte er.
"Aber keinen 220 S!"
"Da seh' ich k-k-keinen Unterschied", meinte Ringo. "Du mu? es nicht sehen, Hauptsache ist, da?du's wei?", sagte ich.
"Wie viele Fiats haben wir, he", ?berlegte John.
"Neun", sagte George. "Neun Fotzen."
"Mein Bruder hat aus Kopenhagen ein Pornoheft mitgebracht", sagte John.
Wir blieben abrupt stehen, sahen ihn an.
"Aus D?mark?" fl?sterte Ringo und verga?ganz zu stottern.
"Hat in Kopenhagen Handball gespielt, verdammt noch mal."
"Wie... wie is' es denn?"
"Super", sagte John - "Ich mu?jetzt abhaun."
"Bring's morgen mal mit", sagte George.
"Mach das!" rief Ringo und schwenkte den Schraubenzieher in der Luft.
"Mach das!"
Ich ging mit John. Wir hatten den gleichen Weg, die Lovenskioldsgate hinunter. George und Ringo latschten hin?ber zum Solli-Platz. Keiner von uns sagte etwas. Der Streusand vom Winter knirschte unter unseren Schuhen, und der vertrocknete Hundedreck lag in Reih und Glied auf dem B?rgersteig. Das war ein sicheres Zeichen f?r den Fr?hling, obwohl es noch ziemlich kalt und dunkel war und wir erst Mitte April hatten.



Lars Saabye Christensen, 1953 in Oslo geboren, ist einer der bedeutendsten norwegischen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher sind in 36 Sprachen übersetzt und wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Nordischen Literaturpreis, mehrmals mit dem Norwegischen Kritikerpreis, dem Preis des Norwegischen Buchhandels sowie dem Preis des Norwegischen Verlegerverbandes.


Ich sitze im Sommerhaus, es ist Herbst. Meine rechte Hand irritiert mich, mit den Narben kreuz und quer, besonders der Zeigefinger. Er ist krumm und schief wie eine Klaue. Ich mu ihn immer wieder ansehen. Er klammert sich an den Kugelschreiber, der rote Buchstaben malt. Es ist ein ungew hnlich h icher Finger. Eine Schande, da ich kein Linksh er bin, ich habe mir das mal gew nscht, Linksh er zu sein und Ba itarre spielen zu k nnen. Aber ich kann mit der linken Hand spiegelverkehrt schreiben, genau wie Leonardo da Vinci. Trotzdem schreibe ich mit rechts und be Nachsicht mit der verunstalteten Hand und dem absto nden Zeigefinger. Hier drinnen riecht es nach feln, ein intensiver Apfelduft steigt von dem alten Tisch auf, an dem ich mitten im dunklen Raum sitze. Es ist der erste Tag, an dem es Abend wird, und ich habe nur von einem Fenster die Fensterl n abgenommen. Der Fensterrahmen ist voll von toten Insekten, Fliegen, M cken, Wespen, mit trockenen, d rren Beinen. Der Geruch nach Fr chten macht mich ganz benommen, mein leerer Kopf l st etwas in mir aus; im Licht des Mondes, der jetzt durch das einzige offene Fenster scheint, tanzen Schatten an den W en und verwandeln das Zimmer in ein altmodisches Diorama. Und genau wie Olas Vater, der Friseur in Solli, der den Film immer, wenn Geburtstag war, verkehrt in den Vorf hrapparat legte, so da wir drei Chaplin-Filme r ckw s sahen, so drehe ich jetzt allem den R cken zu und begebe mich zur ck. Und ohne da ich mir dessen bewu bin, stoppt die Filmrolle hinter meinen Augen bei einem bestimmten Bild, ich halte es f r ein paar Sekunden fest, friere es ein, dann setze ich es wieder in Bewegung, denn ich bin allm tig. Ich verleihe ihm Stimmen, Ger che, Ger che und Licht. Deutlich kann ich h ren, wie der Kies unter den Schuhen knirscht, wenn wir ber den Vestkanttorg schleichen, ich kann das berauschende Schwindelgef hl nach einem Lungenzug sp ren, und immer noch kann ich Ringos Ellenbogen f hlen, der mich weich in der Seite trifft, und wir vier stehen in Reih und Glied, und John zeigt auf einen schwarzen, blankpolierten Mercedes, der vorm Naranja parkt.
Es war George, der als erster etwas sagte. Und zwar:
"Das ist deiner, Paul."
Alle wu en, da ich Spezialist war, wenn es um einen Mercedes ging. Ich brauchte nicht einmal Werkzeug. Man mu e nur den runden Stern dreimal nach links drehen, ihn schnell loslassen und herausziehen, dann war die Befestigung garantiert abgerissen. Wir rannten die Treppe hinauf, und es kribbelte warm unterm Pullover. Wir nahmen die Lage in Augenschein.
"Zu viele Leute", fl sterte John.
Die anderen waren seiner Meinung. Zwei M er standen an der Ecke unter den Apfelb en, eine alte Dame berquerte dicht daneben die Stra .
"Hat keinen Sinn, es zu v-v-versuchen", murmelte Ringo.
"Wir haben schon einen Opel und zwei Ford", sagte George.
"Aber das is' doch 'n 220 S!" sagte ich.
"Wir hol'n ihn an einem andern Abend", sagte John.
Es war aber nicht sicher, ob er dort morgen auch noch stehen w rde. Und ich sp rte diesen Sog in mir, den ich seitdem so oft gef hlt habe, und ich h rte nicht mehr auf die anderen. Ich ging ruhig ber die Stra , allein, beugte mich ber die Motorhaube, mein Herz schlug immer noch mit schwachem, gleichm tigem Schlag, ein P hen kam den H gel von Berk herab, die beiden M er unter den Apfelbl ten schielten zu mir her ber, die Papageien im Fenster schrien stumm. Da drehte ich das Mercedesgeweih dreimal herum, lie es schnell los, zog noch mal und schob es vorsichtig unter den Pullover. John, George und Ringo waren bereits weit entfernt, sie sollten irgendwie ganz nat rlich gehen, aber von hinten elten sie drei Laternenpf en mit roten Lampen. John drehte sich um und winkte mir wild, ich grinste und winkte zur ck, dann rannten sie los Richtung Urra. Ich stand immer noch am Tatort, sah mich um, aber niemand hatte irgendwie reagiert. Ich begann, hinter den anderen herzugeh

Über den Autor

Lars Saabye Christensen, 1953 in Oslo geboren, ist einer der bedeutendsten norwegischen Autoren der Gegenwart. Seine Bücher sind in 36 Sprachen übersetzt und wurden vielfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Nordischen Literaturpreis, mehrmals mit dem Norwegischen Kritikerpreis, dem Preis des Norwegischen Buchhandels sowie dem Preis des Norwegischen Verlegerverbandes.


Klappentext

Oslo, Frühling 1965: Die Beatlemania grassiert wie überall in Europa. Gerade ist "I feel fine" erschienen. Die Pilzköpfe aus Liverpool beherrschen das Bild, beeinflussen die Jugend und verstören die Alten. Für Gunnar, Seb, Ola und Kim ändert sich alles. Hausaufgaben und Fußballtraining treten in den Hintergrund. Sie wachsen heran im Zeichen der Beatles. Sie nennen sich Paul und John, Ringo und George. Die neuen Scheiben bestimmen ihr Leben. Die vier überstehen den Erziehungsamoklauf ihrer besorgten Eltern und treiben Herrenfriseure in den Ruin. Sie erfahren den bittersüßen Geschmack der ersten Liebe und nehmen teil am weltweiten Aufbruch der Jugend. Und als die Zeit überschattet wird vom blutigen Ausgang der Pariser Maiunruhen und dem Massaker von My Lai, geht auch das nicht spurlos an ihnen vorüber ...

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